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Sonntag, 14. August 2022
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Der Thurgauer Kantonsarchäologe Hansjörg Brem und die in Winterthur wohnhafte Thurgauer Historikerin Verena Rothenbühler. tr
Die Gesellschaft Archäologie Schweiz tagte vor kurzem nach 25 Jahren wieder in Frauenfeld. Ein Kolloquium zur Geschichte der Archäologie in der Schweiz bildete das Tagungsprogramm – den Festvortrag am Ende der Tagung hielt die Thurgauer Historikerin Verena Rothenbühler zum 100-jährigen Jubiläum der kantonalen Archäologie im Thurgau. «Archäologie – eine sonderbare Wissenschaft» lautete der Titel ihrer humorvoll präsentierten Zusammenstellung dieser Geschichte.
Frauenfeld Die Historikerin Verena Rothenbühler begab sich in ihrem Festvortrag auf eine Tour durch die hundertjährige Geschichte der Archäologie im Thurgau und startete diese mit der Frage, «Wer hat es erfunden?» Bei einer nicht repräsentativen Strassenumfrage zum Thema hatte sie unter anderem gehört, «die Archäologie im Thurgau hat herausgefunden, dass die Thurgauerinnen und Thurgauer schon vor x tausend Jahren kleine Äpfelchen gegessen haben». Viel später dann «beginnt diese Geschichte – wie in vielen anderen Kantonen der Schweiz auch – mit älteren, grauen oder weissen Männern», meinte die Historikerin: Es waren die Männer des 1859 gegründeten Historischen Vereins. Es sei kein Zufall, dass dieser Verein zeitgleich mit der Entdeckung der Pfahlbauten und der allgemeinen Begeisterung für die Archäologie gegründet wurde.
Einige Eckpfeiler aus ihrem Vortrag geben einen Überblick über die Thurgauer Archäologie: Vor 100 Jahren, im März 1922, hatte der Thurgauer Regierungsrat in einer Verordnung festgelegt, dass die Verantwortung für die archäologischen Grabungen und die archäologischen Befunde Sache des Museums seien, das 1924 im Luzerner Haus in Frauenfeld eröffnet wurde.
Fast gleichzeitig betrat eine später sehr bekannte Figur die Bühne der Archäologie: Karl Keller-Tarnuzzer. «KKT, wie der umtriebige Primarlehrer auch genannt wurde, wurde 1923 Konservator der ur- und frühgeschichtlichen Sammlung in Frauenfeld.» Weit herum berühmt wurde er durch seine Grabungen: Auf der Insel Werd bei Eschenz, in Pfyn-Breitenloo, Arbon Bleiche 2 oder im Egelsee bei Niederwil. Damit machte er das Thema auch für eine breitere Öffentlichkeit fassbar. Als 1958 der erste Thurgauer Kantonsarchäologe ernannt wurde, hiess der folgerichtig – Karl Keller-Tarnuzzer. «Man sieht, dass Archäologie Männersache ist», schmunzelte die Referentin.
In den 60er Jahren startete ein Team der holländischen Universität Groningen die systematische Untersuchung der vorher schon von Keller-Tarnuzzer teilweise ausgegrabenen Siedlung im Egelsee. Die Holländer arbeiteten mit den damals modernsten Methoden. So führten die Archäologen unter der Leitung von Harm T. Waterbolk neben den archäologischen Untersuchungen auch C-14- und Dendrodatierungen durch. Weiter machten sie Pollenanalysen und osteologische Auswertungen, Untersuchungen von Knochenfunden. «Es ist sicher nicht falsch, diese Ausgrabung in Niederwil als Meilenstein in der Thurgauer Archäologie zu bezeichnen. Dank den Holländern fasst der interdisziplinäre Ansatz bereits früh Fuss und wurde auch für die nachfolgenden archäologischen Projekte wegweisend.»
Nach dem wissenschaftlichen Fortschritt, den die Holländer in den Thurgau brachten, tauchen nun auch Frauen auf archäologischen Grabungen auf: Bei einer Grabung beim Ürschhauser Horn am Nussbaumersee stiess man im Sommer 1970 auf eine Siedlung der Bronzezeit – und hier, so Verena Rothenbühler, betrug «der Frauenanteil sage und schreibe 90 Prozent»: Zu dieser Zeit stand erstmals – und bisher wurde das auch nicht wiederholt – eine Frau an der Spitze der Archäologie Thurgau: Madeleine Sitterding, die 1968 als Nachfolgerin von Karl Keller-Tarnuzzer das Amt übernehmen durfte. Die Zusammenarbeit mit ihrem Vorgesetzen zermürbte die Archäologin aber bereits nach kurzer Zeit derart, dass sie nach nur vier Jahren im Amt ihre Stelle kündigte und den Thurgau wieder verliess. Und um die Reihe der Thurgauer Kantonsarchäologen vollständig zu machen: Auf Madeleine Sitterding folgte Jost Bürgi, der nach 35 Dienstjahren im Mai 2008 von Hansjörg Brem abgelöst wurde – dem aktuellen Kantonsarchäologen.
Von den Personen zurück zu den archäologischen Aktivitäten: Der Bau der Autobahn brachte der Archäologie reiche Beute. Auf der Hochstrass bei Tägerwilen beispielsweise brachten die Archäologinnen und Archäologen erstmals viel Material aus der jüngeren Eisenzeit, der Zeit der Kelten, ans Licht.
Weit über die Landesgrenzen hinaus wurde die Thurgauer Archäologie dann bekannt, als im Sommer 2007 das Schweizer Fernsehen über eine Thurgauer Sippe berichtete, die am Ufer des Hinterriet-Weihers in Pfyn unter steinzeitlichen Bedingungen lebte und arbeitete. Hier war es möglich, einem breiten Publikum nicht nur Unterhaltung, sondern auch neue und wissenschaftlich fundierte Resultate und Grabungserkenntnisse zu vermitteln. Und immer wieder gegraben wurde auch in Eschenz, von 2013 bis 2016 im Friedhof: Fast 230 Skelette wurden eingegipst und geborgen und – so wusste es die Referentin – vor ihrer Freilegung unter Laborbedingungen in der Radiologie im Kantonsspital Frauenfeld mit einem Computertomographen durchleuchtet.
«Auf den Grabungen, bei der Gewinnung von Erkenntnissen und bei der Vermittlung dieser Resultate hat sich in den letzten 100 Jahren vieles verändert. Geblieben ist, dass die Archäologie bis heute eine faszinierende Praxis und Wissenschaft ist, die im Thurgau gut aufgestellt ist und von der Bevölkerung positiv wahrgenommen wird. Und dass bereits die ersten Thurgauerinnen und Thurgauer Äpfel gegessen haben, ist nur ein Puzzlestein unserer Kulturgeschichte, deren Kenntnis wir der Archäologie im Thurgau zu verdanken haben.»
Von Hansjörg Ruh
Der Thurgauer Kantonsarchäologe Hansjörg Brem und die in Winterthur wohnhafte Thurgauer Historikerin Verena Rothenbühler. tr
Die Gesellschaft Archäologie Schweiz tagte vor kurzem nach 25 Jahren wieder in Frauenfeld. Ein Kolloquium zur Geschichte der Archäologie in der Schweiz bildete das Tagungsprogramm – den Festvortrag am Ende der Tagung hielt die Thurgauer Historikerin Verena Rothenbühler zum 100-jährigen Jubiläum der kantonalen Archäologie im Thurgau. «Archäologie – eine sonderbare Wissenschaft» lautete der Titel ihrer humorvoll präsentierten Zusammenstellung dieser Geschichte.
Frauenfeld Die Historikerin Verena Rothenbühler begab sich in ihrem Festvortrag auf eine Tour durch die hundertjährige Geschichte der Archäologie im Thurgau und startete diese mit der Frage, «Wer hat es erfunden?» Bei einer nicht repräsentativen Strassenumfrage zum Thema hatte sie unter anderem gehört, «die Archäologie im Thurgau hat herausgefunden, dass die Thurgauerinnen und Thurgauer schon vor x tausend Jahren kleine Äpfelchen gegessen haben». Viel später dann «beginnt diese Geschichte – wie in vielen anderen Kantonen der Schweiz auch – mit älteren, grauen oder weissen Männern», meinte die Historikerin: Es waren die Männer des 1859 gegründeten Historischen Vereins. Es sei kein Zufall, dass dieser Verein zeitgleich mit der Entdeckung der Pfahlbauten und der allgemeinen Begeisterung für die Archäologie gegründet wurde.
Einige Eckpfeiler aus ihrem Vortrag geben einen Überblick über die Thurgauer Archäologie: Vor 100 Jahren, im März 1922, hatte der Thurgauer Regierungsrat in einer Verordnung festgelegt, dass die Verantwortung für die archäologischen Grabungen und die archäologischen Befunde Sache des Museums seien, das 1924 im Luzerner Haus in Frauenfeld eröffnet wurde.
Fast gleichzeitig betrat eine später sehr bekannte Figur die Bühne der Archäologie: Karl Keller-Tarnuzzer. «KKT, wie der umtriebige Primarlehrer auch genannt wurde, wurde 1923 Konservator der ur- und frühgeschichtlichen Sammlung in Frauenfeld.» Weit herum berühmt wurde er durch seine Grabungen: Auf der Insel Werd bei Eschenz, in Pfyn-Breitenloo, Arbon Bleiche 2 oder im Egelsee bei Niederwil. Damit machte er das Thema auch für eine breitere Öffentlichkeit fassbar. Als 1958 der erste Thurgauer Kantonsarchäologe ernannt wurde, hiess der folgerichtig – Karl Keller-Tarnuzzer. «Man sieht, dass Archäologie Männersache ist», schmunzelte die Referentin.
In den 60er Jahren startete ein Team der holländischen Universität Groningen die systematische Untersuchung der vorher schon von Keller-Tarnuzzer teilweise ausgegrabenen Siedlung im Egelsee. Die Holländer arbeiteten mit den damals modernsten Methoden. So führten die Archäologen unter der Leitung von Harm T. Waterbolk neben den archäologischen Untersuchungen auch C-14- und Dendrodatierungen durch. Weiter machten sie Pollenanalysen und osteologische Auswertungen, Untersuchungen von Knochenfunden. «Es ist sicher nicht falsch, diese Ausgrabung in Niederwil als Meilenstein in der Thurgauer Archäologie zu bezeichnen. Dank den Holländern fasst der interdisziplinäre Ansatz bereits früh Fuss und wurde auch für die nachfolgenden archäologischen Projekte wegweisend.»
Nach dem wissenschaftlichen Fortschritt, den die Holländer in den Thurgau brachten, tauchen nun auch Frauen auf archäologischen Grabungen auf: Bei einer Grabung beim Ürschhauser Horn am Nussbaumersee stiess man im Sommer 1970 auf eine Siedlung der Bronzezeit – und hier, so Verena Rothenbühler, betrug «der Frauenanteil sage und schreibe 90 Prozent»: Zu dieser Zeit stand erstmals – und bisher wurde das auch nicht wiederholt – eine Frau an der Spitze der Archäologie Thurgau: Madeleine Sitterding, die 1968 als Nachfolgerin von Karl Keller-Tarnuzzer das Amt übernehmen durfte. Die Zusammenarbeit mit ihrem Vorgesetzen zermürbte die Archäologin aber bereits nach kurzer Zeit derart, dass sie nach nur vier Jahren im Amt ihre Stelle kündigte und den Thurgau wieder verliess. Und um die Reihe der Thurgauer Kantonsarchäologen vollständig zu machen: Auf Madeleine Sitterding folgte Jost Bürgi, der nach 35 Dienstjahren im Mai 2008 von Hansjörg Brem abgelöst wurde – dem aktuellen Kantonsarchäologen.
Von den Personen zurück zu den archäologischen Aktivitäten: Der Bau der Autobahn brachte der Archäologie reiche Beute. Auf der Hochstrass bei Tägerwilen beispielsweise brachten die Archäologinnen und Archäologen erstmals viel Material aus der jüngeren Eisenzeit, der Zeit der Kelten, ans Licht.
Weit über die Landesgrenzen hinaus wurde die Thurgauer Archäologie dann bekannt, als im Sommer 2007 das Schweizer Fernsehen über eine Thurgauer Sippe berichtete, die am Ufer des Hinterriet-Weihers in Pfyn unter steinzeitlichen Bedingungen lebte und arbeitete. Hier war es möglich, einem breiten Publikum nicht nur Unterhaltung, sondern auch neue und wissenschaftlich fundierte Resultate und Grabungserkenntnisse zu vermitteln. Und immer wieder gegraben wurde auch in Eschenz, von 2013 bis 2016 im Friedhof: Fast 230 Skelette wurden eingegipst und geborgen und – so wusste es die Referentin – vor ihrer Freilegung unter Laborbedingungen in der Radiologie im Kantonsspital Frauenfeld mit einem Computertomographen durchleuchtet.
«Auf den Grabungen, bei der Gewinnung von Erkenntnissen und bei der Vermittlung dieser Resultate hat sich in den letzten 100 Jahren vieles verändert. Geblieben ist, dass die Archäologie bis heute eine faszinierende Praxis und Wissenschaft ist, die im Thurgau gut aufgestellt ist und von der Bevölkerung positiv wahrgenommen wird. Und dass bereits die ersten Thurgauerinnen und Thurgauer Äpfel gegessen haben, ist nur ein Puzzlestein unserer Kulturgeschichte, deren Kenntnis wir der Archäologie im Thurgau zu verdanken haben.»
Von Hansjörg Ruh
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